Flüsterndes Land. Folge 2: Das verlassene Kinderkurheim am Traunsee

Flüsterndes Land

Folge 2: Die Stimmen im Nebel – Das verlassene Kinderheim am Traunsee

„Denn was einst Kinder heilte, heilt heute niemand mehr. Es wartet nur.“


Fundort:

Aufgefundene Seiten, versteckt in einem metallenen Medizinkasten, unter dem Boden der alten Kapelle des „Kinderkurhauses Maria am Traunsee“ – offiziell stillgelegt seit 1971. Keine Angaben zu Autorin.
Schriftbild: Handschriftlich, Feder, schwarze Tinte. Stark verblasst, teils überlagert von Wasserflecken. Es wird vermutet, dass die Verfasserin eine Pflegeschwester war.


3. November – Ankunft

Die See ist glatt. Zu glatt.
Ich habe das Haus erreicht. Es liegt am Rand des Waldes, dort, wo der Hang beginnt und der Nebel nie ganz weicht.
Das Heim wurde mir für die Dokumentation über frühere Kuranstalten zugeteilt – ich solle prüfen, ob sich ein Museum darin errichten ließe.

Ein Museum? Hier?
Der Schlüssel, den ich erhalten habe, öffnete mühelos die Haupttür, obwohl niemand ihn seit Jahrzehnten benutzt haben soll.
Ich trat ein. Der Geruch war… feucht. Alt.
Nicht wie Staub. Wie verlorene Atemzüge.


4. November – Die Kinderbilder

Im Foyer hängt noch immer ein Kinderbild. Kreide auf Karton.
Ein Haus. Ein See. Und dunkle Striche darunter – wie Finger.
Ich betrat die Patientenzimmer.
Die Betten sind gemacht. Jeder Rahmen aus Metall, grau, kalt.
Ich hörte Schritte über mir, obwohl ich allein bin.
Ich weiß, dass ich allein bin.
Oder?

Ein Ordner lag in der alten Oberschwesterstube:
„Station V – Chronisch, nicht behandelbar – 1966“

Der letzte Eintrag:

„3 Kinder verweigern Nahrung. Sagen, der Mann im See will, dass sie gehen.“


5. November – Das Nebelspiel

Der Nebel ist seit Stunden undurchdringlich.
Ich stand heute lange an der Seepromenade. Kein Laut. Kein Vogel. Nur das leise, rhythmische Klopfen… als ob jemand unter dem Wasser gegen Glas schlägt.

Im Musikraum steht noch ein Klavier. Ich hörte es heute Nacht.
Eine einzelne Taste. Immer dieselbe.
Ein A.
Und dann – nichts mehr.

Ich habe begonnen, Schatten zu sehen. Lange, kindliche Umrisse, die sich durch die Flure bewegen.
Sie rennen nicht. Sie warten.


6. November – Station V

Ich habe den Zugang gefunden – eine Tür hinter einem verschobenen Schrank im Speisesaal.
„Station V – Kein Zutritt für Besuch“
Es ist ein Kellerbereich.
Feucht. Gekachelt. Wie ein Ort, an dem man vergessen wird.

Dort, an der Wand, stehen noch die Namen.
Kreide.
Kinderhände.

„Leonie, 9 – heimgegangen“
Tobias, 7 – heimgegangen
Anna – bleibt“

Wer ist Anna?
Warum wurde sie nicht heimgeholt?


7. November – Anna

Heute Nacht wachte ich auf, weil jemand flüsterte. Ganz nah.
Ich sah niemanden, aber ich roch Lavendelöl.
Wie aus den alten Pflegeakten beschrieben – jedes Kind bekam einen Tropfen davon aufs Kopfkissen.

Und dann, im Spiegel der Stationswaschräume, sah ich sie.
Ein Mädchen. Blass. Der Kopf leicht zur Seite geneigt, die Lippen blau.
Sie sagte nichts. Aber hinter ihr – standen andere.
Und sie zeigten auf mich.


8. November – Letzter Eintrag

Ich glaube, das Haus erinnert sich.
Ich glaube, es hat mich gezählt.

Heute lag ein Kinderhemd auf meinem Bett.
Mit meinem Namen eingenäht.
Ich trage es nicht.

Aber ich kann nicht mehr gehen.
Der Nebel lässt mich nicht.

Wenn jemand dies liest:
Die Kinder suchen noch immer.
Und Anna ist nie gegangen.
Sie ist das Heim geworden.


Anhang:

Ein Schwarzweißfoto, gefunden in einem gesprungenen Rahmen:
Zehn Kinder in einem Halbkreis. In der Mitte: eine Schwester mit leerem Gesicht.
Auf der Rückseite: „Abschlussfoto Station V – 1967. Aufnahme durch Fenster. Es war niemand mehr im Haus.“


Flüsterndes Land
Düstere Geschichten aus vergessenen Orten
Folge 3: bald verfügbar

(c) ChatGPT 🙂

Kommentar verfassen